Drei starke Bacilli: Bacillus subtilis, Bacillus coagulans & Bacillus clausii – Mikrobielle Kraftpakete für Gesundheit und Industrie

Probiotische Bakterien sind längst mehr als ein kurzlebiger Trend. Neben klassischen Milchsäurebakterien wie Laktobazillen und Bifidobakterien rücken zunehmend sporenbildende Bakterien aus der Gattung Bacillus in den Fokus. Gerade Bacillus subtilis, Bacillus coagulans und Bacillus clausii werden in verschiedensten Forschungsfeldern untersucht – von der Tierhaltung über die Lebensmittelindustrie bis hin zur Humanmedizin. Aber warum gelten diese Mikroben als so vielversprechend? Und was sagen aktuelle Studien?
1. Was zeichnet Bacilli als sporenbildende Bakterien aus?
Bakterien der Gattung Bacillus sind Gram-positive, stäbchenförmige Mikroorganismen, die unter ungünstigen Bedingungen Endosporen bilden können. Diese Sporen sind extrem widerstandsfähig gegen Hitze, Austrocknung und niedrige pH-Werte – Eigenschaften, die sie von vielen anderen Probiotika unterscheiden und besonders alltagstauglich machen. Produkte mit Bacillus-Kulturen bleiben oft stabil, ohne dass die Bakterien aktiv gekühlt werden müssen.
Vorteile von sporenbildenden Probiotika:
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Hohe Überlebensfähigkeit im Magen-Darm-Trakt (Magensäure, Gallensalze).
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Längere Haltbarkeit in Produkten (z. B. Kapseln, Functional Foods).
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Möglichkeit, gezielt im Darm zu keimen und dort ihre positiven Effekte zu entfalten.
2. Bacillus subtilis – der Allrounder in Forschung und Anwendung
Bacillus subtilis (auch Heubazillus genannt) ist einer der bekanntesten Vertreter der Gattung, unter anderem, weil er schon lange als Modellorganismus in der Molekularbiologie dient. Aktuelle Studien1 zeigen, dass bestimmte Stämme von Bacillus subtilis:
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Antimikrobielle Substanzen produzieren können, die das Wachstum schädlicher Bakterien unterdrücken.
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Immunmodulierende Effekte haben, indem sie das darmassoziierte Immunsystem stimulieren.
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Enzyme bereitstellen, die beispielsweise die Verdauung von Proteinen oder anderen Nährstoffen verbessern.
Beispielhafte Einsatzfelder umfassen neben Nahrungsergänzungsmitteln auch die aquakulturelle Tierhaltung, wo B. subtilis die Darmflora von Fischen stabilisieren kann.
3. Bacillus coagulans – mehr als nur ein „Lactobacillus in Sporenform“
Bacillus coagulans wurde früher oft als „Lactobacillus sporogenes“ bezeichnet, weil es neben der Eigenschaft zur Sporenbildung Milchsäure produzieren kann. Deshalb findet man B. coagulans heute häufig in „laktobazillenähnlichen“ Probiotika-Produkten. Zu den interessanten Eigenschaften zählen:
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Säuretoleranz: B. coagulans übersteht die Magenpassage sehr gut und wird erst im Darm aktiv.
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Laktatproduktion: Die entstehende Milchsäure kann den Darm-pH-Wert leicht absenken, was unerwünschten Keimen das Wachstum erschwert.
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Klinische Hinweise: Studien deuten an, dass bestimmte Stämme – z. B. B. coagulans GBI-30, 6086 – das Reizdarmsyndrom positiv beeinflussen oder die Proteinverdauung unterstützen können.2,3
Aufgrund dieser Merkmale gewinnt B. coagulans in functional foods und Nahrungsergänzungen immer mehr an Bedeutung. Seine Sporenform macht es praktisch unempfindlich gegen Prozesshitze und Lagerbedingungen, was Hersteller zu schätzen wissen.
4. Bacillus clausii – Stabilität für Magen und Darm
Im Vergleich zu B. subtilis und B. coagulans ist Bacillus clausii etwas weniger bekannt. Dennoch wird dieser Mikroorganismus seit mehreren Jahrzehnten in einigen Ländern als Probiotikum eingesetzt, unter anderem zur unterstützenden Behandlung von Durchfallerkrankungen.4 Auffällig sind:
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Hohe Resistenz gegen Antibiotika: Bestimmte Stämme weisen natürliche Resistenzen auf, was in manchen Fällen die Darmflora schützen kann, wenn gleichzeitig Antibiotika verabreicht werden.
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Gute Stabilität: Wie andere Sporenbildner kann B. clausii in saurem Milieu und bei höheren Temperaturen überleben.
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Immunstimulation: Studien mit ausgewählten Stämmen legen nahe, dass B. clausii Zytokine modulieren und so das Immunsystem in Balance halten kann.
Besonders in Kinderarzneien oder für empfindliche Personen wird B. clausii oft empfohlen, weil der Stamm sich bei entsprechender Dosierung gut im Darm anreichern kann und seltener Nebenwirkungen hervorruft.
5. Anwendungen und aktueller Forschungsstand
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Probiotische Nahrungsergänzung: Sporenbildende Bacilli finden sich zunehmend in Kapseln, Pulvern oder Fertiggetränken. Dank ihrer hohen Überlebensfähigkeit und Enzymaktivität gelten sie als robuste Alternative oder Ergänzung zu klassischen Probiotika.
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Futterzusatz in der Tierhaltung: Neben B. subtilis kommen auch B. coagulans und B. clausii in Futtermitteln für Geflügel, Schweine oder Fische zum Einsatz, um die Darmgesundheit der Tiere zu verbessern.
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Funktionslebensmittel (Functional Foods): Yoghurts, fermentierte Säfte oder Snacks können mit Bacillus-Sporen angereichert werden, um Gesundheitsaspekte zu betonen.
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Klinische Forschung: Viele Studien beschäftigen sich aktuell mit möglichen Effekten auf entzündliche Darmerkrankungen, metabolische Syndrome oder Infektionsabwehr. Erste Ergebnisse sind vielversprechend, jedoch sind noch größere, placebokontrollierte Studien notwendig, um eindeutige Aussagen zu treffen.
6. Fazit: Bacilli im Aufwind
Sporenbildende Bakterien wie Bacillus subtilis, Bacillus coagulans und Bacillus clausii stehen für eine neue Generation von Probiotika, die durch ihre hohe Stabilität und Vielseitigkeit überzeugen. Sie sind robust gegen Umgebungseinflüsse, können antimikrobielle Substanzen bilden, das Immunsystem modulieren und Enzyme bereitstellen. Obwohl die wissenschaftliche Datenlage zu einzelnen Stämmen teils noch vertieft werden muss, weisen viele Studien darauf hin, dass Bacilli eine relevante, oft unterschätzte Rolle in der Darmgesundheit und darüber hinaus spielen können.
Wer gezielt nach Probiotika sucht, sollte daher durchaus auch auf Bacillus-Arten achten – insbesondere, wenn Lagerstabilität, Temperaturunempfindlichkeit und Magensäureresistenz gewünscht sind. Für die Zukunft ist mit weiteren spannenden Erkenntnissen zu rechnen, da weltweit zahlreiche Forschungsprojekte laufen, um diese kraftvollen Mikroben noch besser zu verstehen und einzusetzen.
Quellenverzeichnis
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Cutting SM. Bacillus probiotics. Food Microbiology, 28(2), 2011, S. 214–220.
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Hun L. Effects of Bacillus coagulans GBI-30, 6086 supplementation on markers of protein metabolism in healthy adults. Nutrition and Metabolism, 6(1), 2009, S. 12.
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Ghelardi E, et al. Impact of the administration of different probiotics on gut microbiota and immune system in healthy volunteers. European Journal of Clinical Microbiology & Infectious Diseases, 39(11), 2020, S. 2085–2095.
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Iacono A, et al. Bacillus clausii in the treatment of acute diarrhoea. Acta Biomed, 91(Suppl 12), 2020, S. 23–28.
Hinweis: Dieser Blogbeitrag ersetzt keine medizinische Beratung. Bei individuellen Fragen oder Beschwerden rund um Darmgesundheit und Probiotika empfiehlt es sich, weitere fachliche Informationen einzuholen.