Neu erforschte Stoffe und Supplements: Neue Hoffnungen für eine längere Lebensspanne?

Neu erforschte Stoffe und Supplements: Neue Hoffnungen für eine längere Lebensspanne?

Der Wunsch, das Leben möglichst lang und gesund zu gestalten, ist so alt wie die Menschheit selbst. Im Zuge des wachsenden Interesses an „Longevity“ rücken immer mehr Substanzen und Nahrungsergänzungsmittel in den Blick, die laut aktueller Forschung die Alterungsprozesse verlangsamen oder sogar die Lebensspanne verlängern könnten. In diesem Blogbeitrag werfen wir einen Blick auf einige neu erforschte und vielversprechende Substanzen und deren wissenschaftliche Hintergründe.

 

1. Rapamycin und mTOR-Inhibitoren

Was ist Rapamycin?

Rapamycin (Sirolimus) wurde ursprünglich als Immunsuppressivum entdeckt und wird in der Transplantationsmedizin eingesetzt. In Tiermodellen wie Mäusen und Fruchtfliegen ergaben Studien jedoch, dass Rapamycin die Lebensspanne verlängern und Alterserscheinungen verzögern kann, indem es den mTOR-Signalweg (Mechanistic Target of Rapamycin) hemmt.

  • mTOR ist ein Protein, das Zellwachstum und Stoffwechsel reguliert. Wird der Signalweg gehemmt, kann dies Zellstress reduzieren und Regenerationsprozesse ankurbeln.

  • In niedriger Dosierung erforscht man Rapamycin aktuell als potenzielle „Anti-Aging“-Strategie – allerdings sind Nebenwirkungen und Risiken noch Gegenstand intensiver Forschung.

 

2. Metformin: Klassisches Diabetes-Medikament mit Langlebigkeits-Faktor?

Wirkweise und Hintergründe

Metformin ist ein orales Antidiabetikum, das seit Jahrzehnten bei Typ-2-Diabetes eingesetzt wird. Es verbessert die Insulinsensitivität und senkt den Blutzuckerspiegel. Ein spannender „Nebeneffekt“: Epidemiologische Studien deuten an, dass Diabetiker mit Metformin-Therapie teilweise länger leben als Stoffwechselgesunde.2

  • Hypothese: Metformin könnte über Effekte auf den Energiestoffwechsel und die Mitochondrien auch Prozesse beeinflussen, die mit dem Altern verbunden sind.

  • TAME-Studie: Eine groß angelegte klinische Studie (TAME: „Targeting Aging with Metformin“) soll prüfen, ob Metformin Alterungsprozesse beim Menschen tatsächlich bremsen kann.

 

3. NAD+-Booster: NMN (Nicotinamid-Mononukleotid) und NR (Nicotinamid-Ribosid)

Rolle von NAD+ im Zellstoffwechsel

NAD+ (Nikotinamid-Adenin-Dinukleotid) ist für die Energiegewinnung in den Zellen unerlässlich. Mit steigendem Alter sinken die NAD+-Spiegel, was eine geringere Effizienz der Mitochondrien und insgesamt mehr zellulären Stress bedeuten kann.3

  • NMN und NR sind Vorstufen von NAD+. Durch ihre Einnahme soll man die intrazellulären NAD+-Spiegel anheben und so Potenzial für mehr Energie und besseren Zellschutz entfalten.

  • Erste Tierstudien zeigen vielversprechende Ergebnisse, etwa verbesserte Ausdauer und metabolische Parameter. Menschliche Studien laufen, aber die Datenlage ist noch lückenhaft.

 

4. Alpha-Ketoglutarat (α-KG)

Ein „Metabolit“ im Fokus

Alpha-Ketoglutarat (α-KG) ist ein Zwischenprodukt im Zitronensäurezyklus. Neuere Untersuchungen weisen darauf hin, dass eine Supplementierung mit α-KG in Tiermodellen die Lebensspanne erhöhen und Entzündungsmarker reduzieren könnte.4

  • mögliche Wirkmechanismen: Unterstützung der mitochondrialen Funktion und Stabilisierung epigenetischer Programme.

  • Klinische Relevanz: Aktuell noch gering, da Studien mit Menschen rar sind. Dennoch gilt α-KG als interessanter Kandidat unter Biohackern.

 

5. Spermidin: Autophagie und Zellreinigung

Was ist Spermidin?

Spermidin ist eine natürliche Polyamin-Verbindung, die in Weizenkeimen, Pilzen, Käse und Sojabohnen vorkommt. Sie ist bekannt dafür, Prozesse der Autophagie – eine Art zelluläre Selbstreinigung – anzukurbeln.5

  • Autophagie: Dabei werden defekte Zellbestandteile abgebaut und recycelt. Eine effiziente Autophagie steht in Verbindung mit geringerem Alterungsstress.

  • Studienlage: Erste Untersuchungen am Menschen sind vielversprechend, etwa eine positive Korrelation zwischen höherer Spermidin-Aufnahme in der Ernährung und reduzierter Sterblichkeit. Konkrete Interventionsstudien laufen noch.

 

6. Senolytika und Fisetin

Seneszente Zellen als „Problemzellen“

Im Alter häufen sich sogenannte seneszente Zellen: alte, funktionsgestörte Zellen, die Entzündungsstoffe absondern und umliegendes Gewebe schädigen. Senolytika sind Substanzen, die diese Zellen gezielt abtöten oder deaktivieren sollen.

  • Fisetin: Ein Flavonoid, das natürlicherweise in Erdbeeren, Äpfeln und Trauben vorkommt. In Tiermodellen zeigte Fisetin senolytische Effekte und verbesserte Gesundheitsmarker.6

  • Senolytische Therapien: Erste klinische Studien untersuchen Kombinationen (z. B. Dasatinib + Quercetin) bei Menschen. Ob sich Fisetin als alleinige Therapie etabliert, bleibt spannend.

 

7. Exotische Substanzen und Zukunftstrends

  1. Resveratrol: Ein Antioxidans aus Rotweintrauben, lange als „Anti-Aging-Wirkstoff“ diskutiert. Neuere Studien sind jedoch geteilter Meinung, ob die Wirksamkeit in menschlichen Dosierungen relevant ist.

  2. C60 (Fullerene): Experimentalstoff, der laut manchen Tierstudien oxidative Schäden reduzieren könnte. Die Datenlage ist aber sehr dünn und teilweise umstritten.

  3. Peptide und Epigenetische Reprogrammierung: Auch in den Fokus rückt die Idee, Alterungsprozesse direkt an den Genen „zurückzudrehen“. Bisher sind diese Ansätze jedoch im Frühstadium.

 

8. Worauf man bei der Einnahme achten sollte

  • Qualität und Dosierung: Viele der genannten Substanzen sind nicht standardisiert reguliert. Verunreinigte Produkte oder falsche Dosierungen sind möglich.

  • Nebenwirkungen und Wechselwirkungen: Insbesondere bei Rapamycin und Metformin sind Risiken und Wechselwirkungen nicht zu unterschätzen.

  • Individueller Bedarf: Was in Tierstudien wirkt, muss nicht automatisch für jeden Menschen geeignet sein. Genetische Variationen und Lebensstil unterscheiden sich stark.

  • Arztgespräch oder Fachberatung: Gerade bei potenten Substanzen wie Rapamycin oder Metformin ist Rücksprache mit qualifizierten Gesundheitsexperten sinnvoll.

 


 

Fazit

Die Forschung zu Wirkstoffen, die eine Verlängerung der Lebensspanne unterstützen könnten, schreitet rasant voran. Ob Rapamycin, Metformin, NAD+-Booster wie NMN, α-Ketoglutarat, Spermidin oder senolytische Substanzen: Jede dieser Optionen birgt Chancen – aber auch Unsicherheiten. Viele Studien befinden sich noch in den Frühphasen, und allzu schnelle Schlussfolgerungen können irreführend sein.

Wer sich im Sinne von „Longevity“ weiter informieren möchte, sollte die Publikationen fortlaufend verfolgen und realistisch bleiben: Keiner der Stoffe ist ein garantierter Jungbrunnen, doch in Kombination mit einem gesunden Lebensstil, ausgewogener Ernährung und ausreichender Bewegung können sie möglicherweise zu einer gezielten Optimierung beitragen. Mit den weiteren Ergebnissen großangelegter, placebokontrollierter Studien in den kommenden Jahren dürfte sich ein klareres Bild ergeben.

 

Quellenverzeichnis

  1. Harrison DE, et al. Rapamycin fed late in life extends lifespan in genetically heterogeneous mice. Nature, 460(7253), 2009, S. 392–395.

  2. Barzilai N, et al. Metformin as a Tool to Target Aging. Cell Metabolism, 23(6), 2016, S. 1060–1065.

  3. Yoshino J, et al. NAD+ intermediates: The biology and therapeutic potential of NMN and NR. Cell Metabolism, 27(3), 2018, S. 513–528.

  4. Chin RM, et al. The metabolite alpha-ketoglutarate extends lifespan by inhibiting ATP synthase and TOR. Nature, 510(7505), 2014, S. 397–401.

  5. Madeo F, et al. Essential role for autophagy in life span extension. Journal of Clinical Investigation, 125(1), 2015, S. 85–93.

  6. Yousefzadeh MJ, et al. Fisetin is a senotherapeutic that extends health and lifespan. EBioMedicine, 36, 2018, S. 18–28.

Hinweis: Dieser Artikel dient ausschließlich zu Informationszwecken und ersetzt keine ärztliche oder therapeutische Beratung. Wer eine Einnahme erwägt, sollte sich vorab umfassend informieren und fachlichen Rat einholen.

 

Zurück zum Blog